Zwischen Petrus und Skisprungschanze – Wetterbetreuung bei Großveranstaltungen

Nordischer Kombinierer beim Sprung von der Schanze in Oberstdorf

Die besten Skispringer und Langläufer der Welt versammeln sich derzeit in Oberstdorf zu den Nordischen Ski Weltmeisterschaften. Eine wichtige Rolle kommt dabei erfahrenen Meteorologen zu. Joachim Schug von DTN verrät, welche Tücken insbesondere zwischen den Bergen auf die Veranstalter und Athleten zukommen können.

Es gibt Sportarten, die funktionieren erst, wenn ein ordentlicher Wind weht. Segeln zum Beispiel, oder Windsurfen. Beim Skispringen kann eine starke Böe aber nicht nur den Unterschied zwischen Sieg oder Niederlage ausmachen, sondern auch zwischen Leben und Tod. Veranstaltern von Skispringen kommt daher eine besonders große Verantwortung zu. Dabei setzen sie auf die Unterstützung professioneller Wetterbeobachter, die sie bei wichtigen Entscheidungen beraten. Wann legt sich der Wind? Kommt ein Unwetter auf? Müssen wir den Wettkampf verschieben oder gar abbrechen? – Manchmal treffen sie diese Entscheidungen kurzfristig, buchstäblich in Windeseile.

Eine Wetterstation WS600 steht am Schanzentisch

Bei den Nordischen Ski Weltmeisterschaften, die am Mittwoch in Oberstdorf beginnen, übernimmt Joachim Schug von DTN (vormals MeteoGroup Schweiz AG) diese Aufgabe. Gebürtig aus Sonthofen, muss Joachim Schug die Wettkämpfe nahe seiner alten Heimat wegen der Corona-Pandemie aus der Ferne von seinem Wohnort Appenzell aus verfolgen. Umso wichtiger sind daher verlässliche Wetterdaten vor Ort, die unter anderem eine Lufft WS600 Wetterstation liefert.

Diese gehört dem Skiclub Oberstdorf, der die Station unmittelbar am Schanzentisch platziert hat. Für die Springer ist das eine Schlüsselstelle, hier verlassen sie mit rund 90 Stundenkilometern den Boden und beginnen ihren Sprung, der bei Weiten bis zu 140 Meter eigentlich eher einem Flug gleichkommt. Besonders relevant fürs Skispringen sind die Richtung und Geschwindigkeit des Windes. Weil diese einen Sprung entweder behindern oder begünstigen können, fließt der Wind in die Punktewertung mit ein: Aufwind erlaubt höhere Weiten und bringt daher Punkteabzug, während Springer bei Rücken- oder Seitenwind Punkte gutgeschrieben bekommen. Zusätzlich zur Lufft WS600 nutzen die Veranstalter sechs weitere Windmesser entlang der Schanze, um so den gesamten Flugkorridor im Blick zu haben.

Die meteorologische Betreuung von Großveranstaltungen ist ein stark wachsendes Betätigungsfeld für DTN. Neben Sportereignissen betreut der Wetterdienstleister auch Musikfestivals wie das Wacken Open Air. „Eventwetter“ heißt diese Disziplin. „Immer mehr Veranstalter setzen dabei auf eigene Wetterstationen“, sagt Joachim Schug. Häufig empfiehlt er dabei Wetterstationen der WS-Serie von Lufft. „Gerade bei stark lokal geprägten Wetterereignissen wie Gewittern kann das Mikroklima am Veranstaltungsort von den umliegenden Wetterstationen abweichen.“

Der Bereich Eventwetter wächst stark

Beim Wintersport, der oft in den Bergen beheimatet ist, gewinnt die mikrolokale Wetterlage verstärkt an Bedeutung. „Da kommen schon sehr konkrete Fragen, auf die auch moderne Algorithmen keine Antwort haben“, sagt Joachim Schug, der in seiner jahrzehntelangen Karriere schon so manche prophetisch anmutende Prognose abgeben musste. Ein kleiner Auszug typischer Fragen: „Wann geht der Nebel weg, der am Berg klebt? Fällt in den nächsten zehn Minuten mehr als 0,5 cm Schnee? Wird der Wind stärker oder war das nur die Druckwelle einer Lawine?“

Veranstalter stellen oft sehr konkrete Fragen, auf die auch moderne Algorithmen keine Antwort haben.

Bei alpinen Skirennen wie dem Slalom-Weltcup im schweizerischen Adelboden sind auch andere Parameter wichtig. Um die Schneehöhe am Starthaus zu messen, von wo die Athleten ins Tal sausen, haben die Veranstalter einen Schneehöhenmesser Lufft SHM31 installiert. „So weiß das Organisationskomitee schon in den Morgenstunden, ob es zusätzliche Kräfte zur Präparation der Piste mobilisieren muss“, erzählt Joachim Schug. Die Sicht ist eine weitere wesentliche Komponente. Bei Nebel bringen die Veranstalter mehr blaue Farbe zur Orientierung auf die Piste. Ist die Sicht zu schlecht, müssen sie gar das Rennen absagen. „Wenn der Nebel am Hang klebt, hilft kein Satellitenbild und keine Modellrechnung“, sagt Joachim Schug, „in solch einem Fall muss man die Windströme entlang des Tales beobachten. Strömt der Wind unverändert ins Tal, kann der Nebel nirgends entweichen. In solch einem Fall kann ich den Veranstaltern wenig Hoffnung auf Besserung machen.“

Der Skilanglauf ist wettertechnisch weniger kompliziert. DTN übermittelt dann zwei bis drei Mal am Tag einen Wetterbericht mit Lufttemperatur, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit, Wind und Niederschlag. Besonders wichtig ist zudem die Schneetemperatur, weil von ihr die Gleiteigenschaften auf der Strecke abhängen. „Da führen die Teams aber ihre eigenen Messungen durch und wachsen die Skier entsprechend“, sagt Joachim Schug – eine Wissenschaft für sich.

Frühlingseinbruch bereitet Wintersportlern Sorge

Derzeit herrscht Frühlingsstimmung im Allgäu mit zehn Sonnenstunden und zweistelligen Temperaturen. Für die Wintersportler eine Herausforderung, wie Joachim Schug erläutert: „Vor allem die frühlingshaften Temperaturen und die schon starke Sonneneinstrahlung machen den Veranstaltern und Athleten Probleme. Sie freuen sich deshalb schon auf die Wolken und ein wenig Niederschlag am kommenden Wochenende – vor allem aber auf die Abkühlung.“

Die Veranstalter haben bereits reagiert und einige Wettkämpfe von den Mittagsstunden in den frühen Morgen verlegt. Kurzfristige Entscheidungen wie diese verdeutlichen: Erfahrene Meteorologen und zuverlässige Sensoren gewinnen gerade im Veranstaltungsbereich immer mehr an Bedeutung. Joachim Schug sieht daher großes Potenzial, wenn Wetterdienste wie DTN und Hersteller von Monitoring-Lösungen wie OTT HydroMet ihre Kräfte und Expertise bündeln.

Foto von Dominik Berchtold

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