Als Autofahrer im Großraum Stuttgart sind wir permanent staugefährdet und viel zu oft staugeschädigt. Als Menschen werden wir uns an diese Zustände nie gewöhnen können. Staus machen Autofahrer aggressiv. Sobald sich der Stau auflöst kann jeder beobachten, mit welcher Intensität und Geschwindigkeit sich die Frustration Raum verschafft.
Als Autofahrer im Großraum Stuttgart sind wir permanent staugefährdet und viel zu oft staugeschädigt. Als Menschen werden wir uns an diese Zustände nie gewöhnen können. Staus machen Autofahrer aggressiv. Sobald sich der Stau auflöst kann jeder beobachten, mit welcher Intensität und Geschwindigkeit sich die Frustration Raum verschafft.
Kostenfaktor Stau
Stausituationen sind ein erheblicher Kostenfaktor für die Wirtschaft. Angesichts des herrschenden globalen Wettbewerbs wird es immer schwieriger, kostbare und teure Arbeitszeit nutzlos im stehenden Verkehr zu verbringen. Die aufstrebenden Megacities in Asien erleben diese Stauprobleme noch in viel größeren Dimensionen. In der Nutzung intelligenter Verkehrsleittechnik besteht eine große Chance in den westlichen Industrienationen, langfristige Wettbewerbsvorteile auf diesem Sektor sicherzustellen.
Verkehrsleittechnik in Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg wurden nach der sogenannten „intelligenten Straße“ B27 (Tübingen-Stuttgart) lange keine öffentlichen Mittel mehr in Verkehrsleittechnik investiert. Eine Ausnahme stellt jedoch der Autobahnabschnitt der A8 zwischen Stuttgart und Ulm dar. Dort werden Wechselverkehrszeichen für Autofahrer betrieben, die anhand der Wetter- und Verkehrslage in Verbindung mit bestehenden Baustellen jeweils die optimale Geschwindigkeit für die Verkehrsteilnehmer anzeigen. Hier hat man sich mit der Sensorik lange auf das Thema „Nebel“ konzentriert. Wer für Messtechnik sensibel ist, kann auf dieser ca. 80 km langen Autobahnstrecke eine enorme Dichte von Sichtweitenmessgeräten zählen. Da der Nebel lokal auftritt, ist diese Dichte notwendig, um Unfällen vorzubeugen.
Im Juli 2012 erfolgt nun die mit hohen Erwartungen verbundene Freigabe der SBA (Streckenbeeinflussungsanlage) auf der A8 zwischen Wendlingen und Leonberg, die südlich von Stuttgart verläuft.
Funktionsweise von Streckenbeeinflussungsanlagen
Im Unterschied zu den homogenen Geschwindigkeiten auf den Interstates der Vereinigten Staaten verläuft der Verkehr auf den Autobahnen in Deutschland ohne Tempolimit extrem inhomogen. Aus diesen unterschiedlichen Geschwindigkeiten (80 km/h Lkw, 250 km/h schnellste Pkws) resultiert der sogenannte „Stau aus dem Nichts“. Der langsame Lkw schert aus, der schnelle Pkw kann (hoffentlich) noch rechtzeitig bremsen, der nachfolgende Pkw bremst stärker usw… Resultat: Der Verkehr kommt zum Erliegen!
Die Messung von Verkehrsdichten und der typischen Fahrzeugklassen (Pkws, Lkws, Motorräder etc.) erlaubt die Zuordnung idealer Geschwindigkeitsvorgaben durch intelligente Verkehrsleittechnik nach der Faustformel: „je mehr Verkehr, umso geringer muss die Vorgabegeschwindigkeit sein, um den Stau zu vermeiden.“ Um stehenden Verkehr bei einem maximal möglichen Verkehrsfluss an einem Messquerschnitt zu vermeiden, muss die Geschwindigkeit auf der Autobahn teilweise 60 km/h und weniger betragen. In diesen Halbautomatismus kann die Verkehrsrechnerzentrale mit Bedienpersonal jederzeit manuell eingreifen. In Verbindung mit einer temporären Standstreifenfreigabe während der Rush Hour kann die typische Verkehrskapazität um deutlich mehr als 10% gesteigert werden.
Zu der Funktionsgruppe 1 „Verkehr“ wird bei Streckenbeeinflussungsanlagen (SBA) die Funktionsgruppe 3 „Wetter“ integriert. Hierbei handelt es sich um Windböen, Nässe/Aquaplaning, Eis/Schnee und Nebel. Die Integration dieser Daten soll zu wetterabhängigen Geschwindigkeitsvorgaben führen. In dem Projekt auf der A8 werden erstmals innovative, berührungslose Sensoren zur Messung der Fahrbahnzustände von Lufft (NIRS31) eingesetzt.
Als das Projekt geplant wurde, war diese Technologie noch nicht bekannt. Umso höher muss nun die planerische Kompetenz der Verantwortlichen geschätzt werden, da in der Projektrealisierung typisch umgesetzt wird, was Jahre zuvor geplant wurde. In diesem Fall handelt es sich um ein Beispiel, wie planerische Kompetenz in der Projektdurchführung auf Innovation reagiert. Dies gelang natürlich nicht ohne Tests und Nachweise, die in diesem Fall besonders intensiv eingefordert wurden. (Weitere Projektdetails finden Sie auf der Internetseite der Straßenverkehrszentrale BW)
Die nächste Generation der Streckenbeeinflussungsanlagen
Zukünftig wird bei SBAs das Thema „weigh-in-motion“ ein stärkerer Bestandteil der Anwendungen werden, sind es doch in der Regel nur wenige (überladene) Lkws, die auf den Autobahnen die großen Schäden anrichten. Das Gewicht der Fahrzeuge kann künftig mittels Sensorik dynamisch ermittelt werden, ohne den Verkehr zu stören. Somit können die Anlagen Schäden verursachungsgerecht zuordnen.
Die SBA der A8 wird sicher nicht alle Stauprobleme lösen, aber zumindest an den Stellen, bei denen die vorhandene Straßenkapazität ausreicht, um den Verkehr ohne Stillstand zu managen. System- und sensortechnisch handelt es sich dabei um die modernste Technologie von SBAs in Bezug auf Umweltsensorik und Wechselverkehrszeichen. Auf der A81 wird im kommenden Jahr zwischen Ludwigsburg und Heilbronn ein identisches System in Betrieb gehen. Die Wirtschaft wird es freuen.