Universität Freiburg setzt bei der Hydrometrie auf Smartes Datenmanagement

Die Universität Freiburg ist eine der führenden Universitäten in Deutschland und seit 565 Jahren für herausragende Leistungen in Forschung und Lehre bekannt. 23 Nobelpreisträger haben hier geforscht, gelehrt und/oder studiert. Professor Markus Weiler, Inhaber des Lehrstuhls für Hydrologie an der Fakultät für Umwelt und natürliche Ressourcen erklärt, warum die Fakultät im Bereich der Forschung einen so guten Ruf genießt. 

„Wir sind insofern einzigartig, als dass bei uns in der Regel ein Professor eine kleine Abteilung mit 5 bis 20 Doktoranden und anderen Wissenschaftlern leitet. Dasverschafft uns die Kapazität, viele verschiedene Forschungsprojekte durchzuführen. Außerdem erhalten wir ausreichend Förderung aus Drittmitteln. Die Abteilung Hydrologie arbeitet derzeit in fünf verschiedenen Versuchsgebieten, davon liegt eines im Schwarzwald, eins in ländlicher Umgebung, ein weiteres im städtischen Raum, sowie zwei Wassereinzugsgebiete auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Bei uns laufen stets 10 bis 15 verschiedene Projekte“, so Weiler.

Bei diesen Forschungsprojekten fallen große Datenmengen an, die von mehreren Personen über lange Zeiträume hinweg gespeichert und verwaltet werden müssen. Wichtig ist, dass diese Daten an einem zentralen Ort zugänglich sind, damit die Forscher die Daten organisieren und analysieren können. Im Jahr 2003 arbeitete Professor Dr. Weiler an der University of British Columbia an der kanadischen Westküste. Dort kam er zum ersten Mal mit „AQUARIUS“ in Berührung, einer von Aquatic Informatics entwickelten Software zur Datenverwaltung.

„Mir gefällt die durchdachte Strukturierung der Daten in Aquarius. Statt sich auf den Sensor zu konzentrieren, setzt Aquarius beim Standort an. Um Datenqualität erkennen zu können, braucht man neben den Messwerten, Koordinaten und Zeitstempeln außerdem Metadaten, z.B. ob wir es mit einer manuellen oder einer digitalen Messung zu tun haben und wie häufig gemessen wurde. Daraus lässt sich erkennen, ob ein Sensor defekt ist oder ein Drift vorliegt. Sensordrift, verursacht durch Faktoren wie Umweltverschmutzung, Vibrationen oder extreme Temperaturschwankungen, kann zu ungenauen Messergebnissen führen. Mit einer Software wie Aquarius erhalten wir qualitätsgesicherte Daten, die die Grundlage für eine gute Analyse bilden“, sagt Professor Dr. Weiler.

Die Software muss zum Projekt passen 

Im Jahr 2012 erhielt der Freiburger Lehrstuhl für Hydrologie einen großen Zuschuss von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), um 10.000 Einzelsensoren in verschiedenen Wassereinzugsgebieten in Luxemburg zu installieren. Gemessen wurden Abfluss, Bodenfeuchte, meteorologische Variablen, Wasserqualität, Grundwasser und Isotope. Zur Verwaltung der großen Datenmengen aus dieser kontinuierlichen Überwachung nutzen die Forscher Aquarius, wobei die Software spezifisch angepasst wurde, um dem immensen Projektumfang gerecht zu werden.

„AQUARIUS war zum damaligen Zeitpunkt vor allem für Wasserstandsmessungen, Abfluss- und Qualitätsdaten konzipiert. Wir haben daher mit den Softwareentwicklern zusammengearbeitet, um einige neue Messparameter für den Bodenwassergehalt, stabile Isotope und meteorologische Variablen hinzuzufügen“, erinnert sich Dr. Weiler. „Außerdem haben wir gemeinsam neue Funktionen entwickelt, die es uns ermöglichen, die Daten so zu verwalten, wie wir sie nutzen wollen. Wir hatten beispielsweise einige Stationen mit mehreren Sensoren, und wir wollten die Metadaten für alle Stationen duplizieren, anstatt jede Station einzeln einzurichten. Die Möglichkeit, mit dem AQUARIUS-Team zusammenzuarbeiten, um diese Art von Verbesserungen vorzunehmen, war für beide Seiten ein Gewinn.“

Ein weiterer einzigartiger Aspekt des Lehrstuhls für Hydrologie ist, dass er Teil der Fakultät für Umwelt und natürliche Ressourcen ist. Dadurch hat Markus Weiler Zugang zu einem breiten Spektrum an Fachwissen. In die Projekte fließen Daten von Wirtschaftswissenschaftlern, Politikwissenschaftlern, Ingenieuren und weiteren Fachleuten. Dieser interdisziplinäre Ansatz ermöglicht es, in die Forschungsprojekte viele verschiedene Fachkenntnisse und Perspektiven einzubeziehen, wodurch die Ergebnisse für die Gesellschaft besonders aussagekräftig sind.

Hydrologisches Verständnis verbessert die Vorhersagen über die Auswirkungen des Klimawandels  

Heute arbeitet der Lehrstuhl für Hydrologie an einem großen Projekt zur Verknüpfung der Einflüsse von Kohlenstoff und Wasser zwischen Waldbäumen, Boden und Atmosphäre. Auf einem Hektar verschiedener Waldbestände werden Tausende von Messungen durchgeführt. Zur Verwaltung, Qualifizierung und Analyse eines Großteils dieser Daten arbeitet Professor Markus Weiler erneut mit Aquarius. Das Projekt ist komplex, mit vierdimensionalen Messungen, die Sensor- und Probendaten umfassen. Diese werden noch von Studenten gesammelt, doch bald sollen Roboter zum Einsatz kommen, die von der technischen Abteilung entwickelt werden, außerdem Drohnen zur Messung der Bedingungen im Kronendach, Magnetresonanztomografie (MRI) und Kernspinresonanz (NMR), die eine Analyse des Wasser- und Phloemsaftflusses im gesamten Baumsystem ermöglicht. Die kontinuierliche NMR ist eine neue Methode, mit deren Hilfe der Transport von Wasser und Kohlenstoff (Isotopen) in Bäumen quantifiziert werden kann. Weiler hofft, dass sie in Zusammenarbeit mit den Aquarius-Entwicklern in die Software integriert werden kann.

Durch besseres Verständnis der Kohlenstoff- und Wasserkreisläufe in unseren Wäldern seien Wissenschaftler eher in der Lage, die Auswirkungen von extremer Hitze, Dürre und Überschwemmungen, die die Wälder auf der ganzen Welt zunehmend bedrohen, präziser vorherzusagen, sagt Weiler: „Die Wälder verarbeiten einen Großteil des Kohlenstoffs unseres Planeten. Ihr Überleben ist auch unser Überleben. Deshalb müssen wir unbedingt verstehen, wie sie funktionieren und wie wir sie angesichts des Klimawandels in den nächsten 10, 20, 50 oder 100 Jahren schützen können.“

Ein weiteres Forschungsprojekt, welches kontinuierliches Monitoring erfordert, beschäftigt sich mit hydrologischer Vernetzung und wie diese sich auf den Wasserabfluss in Hanglagen und deren Einzugsgebieten auswirkt. Die Universität unterhält 46 Messstellen mit mehreren Sensoren sowie 20 Abflussmessstellen in einem weit verzweigten Gebiet. Gemessen werden u.a. Bodenfeuchte und -temperatur, Wasserstand und -temperatur im Grund- und Oberflächenwasser, Saftstrom, Niederschlag, Lufttemperatur, Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit und -richtung sowie Globalstrahlung.
All diese Messungen ergeben insgesamt 2.664 Zeitreihen in 5-Minuten-Intervallen. Zusätzlich gibt es noch 60 Zeitraffer-Kameras sowie Momentaufnahmen, die in den in Aquarius gespeicherten Standortinformationen festgehalten werden können.

Mithilfe von AQUARIUS können die Forscher Daten so ordnen und analysieren, dass sich Zusammenhänge zwischen Bodenfeuchte, Grundwasserspiegel, Wasserabfluss und Isotopen herstellen lassen. So gewinnen sie Erkenntnisse darüber, wieviel Wasser die Einzugsgebiete speichern, wie das Wasser über Raum und Zeit abgegeben wird und wie diese hydrologischen Funktionen zusammenwirken.

Dieser umfassende Einblick ermöglicht den Wissenschaftlern genauere Vorhersagen darüber, wie Niederschläge sich auf ein Einzugsgebiet auswirken und wie sie die Wasserqualität und die Ökosysteme in Uferbereichen beeinflussen. Da extreme Niederschlagsereignisse immer häufiger auftreten, wird diese Forschung dazu beitragen, die Wechselwirkung zwischen Oberflächen- und Grundwasser auch im Zusammenhang mit Schadstoffeinträgen besser zu verstehen.

Der Vorteil von standardisierter Datenverwaltung 

Bevor die Freiburger Wissenschaftler die Software-Plattform AQUARIUS einführten, wurden Forschungsdaten an verschiedenen Orten gespeichert. Es gab keine Metadaten, um Daten oder Zeitreihen zu definieren und so wurden gesammelte Daten oft wertlos, z.B. wenn die Person wechselte, die über diese Informationen verfügte. In der Universität Freiburg erkannte man, dass jahrelang wertvolle Informationen verloren gegangen waren, weil Daten an unterschiedlichen Stellen und verschiedenen Formaten gespeichert wurden.

„Wie in den meisten Universitäten haben wir viele Datenexperten, die eigene Systeme entwickeln, um Kosten zu sparen. Mit der Zeit haben wir allerdings festgestellt, dass wir unsere Daten sinnvoll strukturieren müssen, um den größten Nutzen daraus zu ziehen und das bedeutet sachkundig im Sinne hydrologischer Expertise. Unsere Methoden, Forschungsanforderungen und Projekte verändern sich im Lauf der Zeit und Aquarius passt sich an. Es würde wenig Sinn machen, für jede Veränderung ein neues Datenmanagement-System zu entwickeln. Deshalb haben wir uns für diese professionelle Software entschieden, die von Entwicklern gepflegt und optimiert wird“, so Weiler.

Heute nutzen viele Umweltüberwachungsbehörden weltweit Aquarius, um Daten zu erfassen, zu verarbeiten, Modelle zu erstellen und zu informieren. Dabei werden die Eigenschaften und Funktionen auf Grundlage des wertvollen Inputs und der Bedürfnisse von Kunden wie Professor Markus Weiler ständig erweitert.

Autorin: Intan Distler ist technische Vertriebsingenieurin bei Aquatic Informatics in Europa. Sie ist auf komplexe Umweltüberwachungs-Netzwerke, in denen Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenfließen, spezialisiert.     

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